Visp Dreikönigskirche 2011/II/17
Der wunderbare Kirchenraum hat uns inspiriert, ein modernes Instrument zu entwerfen, welches sich zurückhaltend ins architektonische Umfeld einpasst und trotzdem einen besonderen Akzent setzt. Die Nische über dem Eingangsbereich und das ausgeschnittene Profil bilden den Rahmen für das neue Orgelwerk. Die knappen Platzverhältnisse auf der Empore haben zu einer ganz individuellen Anlage geführt. Im sichtbaren Teil des Gehäuses (nur gerade 43 cm tief) stehen die offenen 8’-Register der beiden Manualwerke. Der ganze Rest des Pfeifenwerks ist dahinter in der Nische eingebaut: auf einer gemeinsamen Windlade alle Pfeifen des Hauptwerks und des Positivs, zuhinterst auf einer separaten etwas tiefer liegenden Windlade die grossen Pfeifen des Pedals. Dazu kommen noch die Windanlage mit Motor, Balg und den Kanälen sowie die mechanische Traktur, welche die Verbindung zwischen den Tasten und den Tonventilen resp. zwischen den Registerzügen und den Schleifen herstellt. Das Instrument ist sehr kompakt gebaut und gewährleistet dennoch guten Zugang zu allen Pfeifen und mechanischen Einzelteilchen.
Der Prospekt ist in der Grundkonzeption von historischen Vorbildern im Wallis abgeleitet. Ausgangspunkt der Entwicklung im Bereich Prospektgestaltung bildet die Valeria-Orgel in Sion (ca. 1435). Zwei Aussentürme mit den grossen Pfeifen flankieren ein mittiges Pyramidenfeld. Viele Instrumente in Europa (nicht nur im Wallis) sind nach diesem relativ einfachen Aufbauschema gebaut. Auch 200 Jahre später hat die Orgel in der Waldkapelle Visperterminen noch genau dieselbe Prospektaufstellung. Im Laufe der Zeit wurde das Mittelfeld immer weiter differenziert: zunächst in drei Felder aufgeteilt (z.B. Münster), dann das mittlere dieser drei Felder nach oben abgerundet (z.B. Eyholz) und schliesslich als dreidimensionales Rundtürmchen ausgebildet (z.B. Biel oder Ernen). Dieser fünfteilige Prospekt mit rundem Mitteltürmchen war wiederum über längere Zeit und an unterschiedlichen Orten Standard. So finden wir z.B. bei vielen Instrumenten des Vorarlberger Orgelbauers Matthäus Abbrederis diesen Typ (z.B. Pfäfers, Mon, Maienfeld, Neu St. Johann). Bei unserer neuen Orgel in der Dreikönigskirche haben wir die beiden flankierenden Basstürme beibehalten, da sie wunderbar in den Ausschnitt des Profils hineinpassen und einen repräsentativen Rahmen des Prospekts bilden. Den Mittelbereich jedoch haben wir weiterentwickelt und auf die individuelle Gegebenheit vor Ort abgestimmt. Der Mittelturm ist in Entsprechung zu den Aussentürmen flach ausgebildet. Die Zwischenfelder hingegen nehmen den sanften Schwung der Emporenbrüstung auf und verleihen der Prospektfront eine raffinierte Plastizität: als Kontrapunkt sind die beiden Türmchen mit den kleinsten Pfeifen nach innen gewölbt (eine seltene Besonderheit). Die dunklen Grautöne des Fichtengehäuses sind auf die Altäre abgestimmt. Die Innenseiten der Vertikalfriese haben wir in einem warmen Rot bemalt, welches sich je nach Standpunkt des Betrachters dezent versteckt oder etwas mehr zeigt. Die Schleiergitter bestehen aus vertikalen Lamellen, die unten parallel zum Prospekt befestigt sind und sich nach oben um 90° verdrehen. Die relativ dicht geschlossene Fläche unmittelbar über den Pfeifen öffnet sich nach oben kontinuierlich. Die Aussenseiten der verdrehten Lamellen sind mit hochkarätigem Blattgold belegt, was den edlen Charakter und die Eleganz des Instruments unterstreicht.
Bei der Disposition sind Referenzen an die beiden bekannten Vorgängerinstrumente in der Dreikönigskirche vorhanden. Ausgehend von der Orgel der Gebrüder Konopka 1873 wurden die Register nun auf zwei Manuale verteilt und um wenige zusätzliche Klangfarben erweitert. Dabei fällt auf, dass die Disposition der neuen Orgel den gesamten Registerbestand beinhaltet, den Wendelin Walpen 1818 für sein Instrument vorsah (laut Vertrag). Jetzt wo das fertige Instrument in der Kirche klingt, zeigt sich, wie vielseitig die Klangpalette eingesetzt werden kann. Obwohl die Orgel mit ihren 17 Registern nicht sehr gross ist, lässt sich eine grosse stilistische Bandbreite an Orgelliteratur überzeugend realisieren.
Hauptwerk I
Bourdon | 16' |
Principal | 8' |
Traversflöte | 8' |
Octave | 4' |
Octave | 2' |
Mixtur II-III | 1' |
Positiv II
Bourdon | 8' |
Dulciana | 8' |
Voix céleste | 8' |
Flöte | 4' |
Quinte | 2 2/3' |
Waldflöte | 2' |
Terz | 1 3/5' |
Vox humana | 8' |
Pedal
Subbass | 16' |
Flötbass | 8' |
Trompete | 8' |